Blog

Reinhold Messner und die Meinungsfreiheit

Wer den König der Berge in Frage stellt, den bremst die Justiz. Ein Kommentar von Maria Zornbichler


Jählings in eisige Höhen katapultiert wurde der kleine A 1 Verlag aus München, nachdem er sich Mitte 2003 erdreistete, das Buch "Zwischen Licht und Schatten" zu veröffentlichen. Darin berichtet der Bergsteiger und Weltenbummler Hans Saler über die legendäre Nanga-Parbat-Expedition von 1970, bei der Reinhold Messners Bruder Günther nicht vom Berg zurück kam.

Die darin geäußerten Zweifel an Reinhold Messners Version der Ereignisse will der berühmteste Bergsteiger des Planeten nicht hinnehmen. Messner spricht von Lügen, infamer Rufmordkampagne, mittelalterlicher Hexenverbrennung, ja einem Verbrechen – und beklagt mit einem Mal die Macht der Medien, von denen er seit Jahrzehnten profitiert. Am 27. Juni verwies er gar einen Journalisten aus seiner Pressekonferenz in München – wegen "Vorverurteilung meinen Projekten gegenüber". Die Wahrheit stünde in seinen Büchern, dort habe er alles gesagt.

Am 14. Juli 2003 erwirkte Reinhold Messner beim Landgericht Hamburg eine Einstweilige Verfügung gegen das Buch seines ehemaligen Expeditionskameraden, der 1970 am Nanga Parbat selbst dabei war. Das Urteil wurde am 9. September in mündlicher Verhandlung bestätigt. Bis heute wartet der A 1 Verlag auf seine schriftliche Begründung – die Grundlage für eine Revision.

Doch der Verleger Albert Völkmann ist überzeugt davon, dass Reinhold Messner "weder moralisch noch literarisch noch juristisch ein Exklusivrecht auf die Berichterstattung über diese Expedition" habe. Seit Anfang Dezember ist Hans Salers Buch in einer leicht revidierten Auflage wieder im Buchhandel erhältlich. Die vorgenommenen Änderungen betreffen elf beanstandete Punkte. Ob das dem König der Berge reichen wird, darf bezweifelt werden. Ist er doch dafür bekannt, genussvoll Kritik austeilen zu können, aber bei Angriffen gegen die eigene Person kein Pardon zu kennen.

Auf den Bergen soll ja angeblich die Freiheit wohnen – ob das jedoch auch für die Meinungsfreiheit gilt?

(1.937 Anschläge, 26 Zeilen, Dezember 2003)