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LGBTQI*-Geflüchtete in Thailand

Eine andere Art von Reisen


Bangkok - lebhaft und bunt. Doch nicht offen für jeden?

Die staatliche Tourismusbehörde Thailands veranstaltete kürzlich ein LGBTQI*-Symposium in Bangkok, um das Land an die Spitze der LGBTQI*-freundlichsten Urlaubsziele der Welt zu befördern. Sie sponsert auch Umzugswagen für Pride-Paraden, zum Beispiel in Toronto, um mit anderen Ländern zu konkurrieren, die das enorme Potenzial des LGBTQI*-Tourismus bereits für sich zu nutzen wissen. In Thailand macht der Tourismus mehr als 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, und das LGBTQI*-Segment ist noch weitgehend unerschlossen. Es gibt jedoch noch eine andere Gruppe von LGBTQI*-Personen, die nach Thailand reisen - allerdings nicht zum Spaß und Vergnügen, sondern um ihr Leben zu retten. Sie wählen Thailand aufgrund der Darstellungen in den Medien, die vermitteln, es sei ein sicherer Ort mit hoher Akzeptanz für Vielfalt und Inklusion.

Lille (Name geändert) ist eine ägyptische Transgender-Frau, die nach Thailand kam, um der Gewalt und den Morddrohungen ihrer Eltern und Brüder zu entkommen. Sie hat die lange und beschwerliche Reise auf sich genommen, um Asyl zu beantragen und hier eine neue Heimat zu finden. Sie bemüht sich, an ihrer Religion festzuhalten - im festen Glauben, dass ihr Gott sie so geschaffen hat - wie sie ist und sie kann nicht verstehen, dass ihre Lieben sie nicht als Geschöpf Gottes sehen können.

Vor ein paar Wochen rief sie mich an und sagte mir, dass sie in Abschiebungshaft säße, wo die Lebensbedingungen für die Festgehaltenen alles andere als ideal sind. Lille wird von anderen Insassen geschlagen und hat zu große Angst, die Dusche oder Toilette zu benutzen. Noch unendlich schrecklicher ist, dass sie mit anderen Männern zusammen festgehalten wird und dadurch noch stärker dem Risiko von Gewalt und sexuellen Übergriffen ausgesetzt ist. Selbst das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) konnte nicht eingreifen. Nun versuchen wir händeringend, einen einheimischen Thai-Bürgen zu finden und Geld für eine Kaution aufzutreiben, um sie aus dieser Situation zu befreien.

Die vielen LGBTQI*-Personen – meist aus Nordafrika, Pakistan, Bangladesch oder Myanmar – die es nach Thailand schaffen, um Asyl zu suchen, müssen damit rechnen, dass Thailand Flüchtlinge nicht anerkennt. Sie sind gezwungen unterzutauchen, ohne Papiere und ständig in Gefahr, entdeckt und verhaftet zu werden. Noch riskanter ist es, wenn sie Transgender sind oder ‘nicht als heterosexuell durchgehen‘. Besonders tragisch ist, dass sie Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gerade in der LGBTQI*-Gemeinschaft erleben, von der sie dachten, hier würden sie auf Akzeptanz stoßen.

LGBTQI*-Asylsuchende lassen alles hinter sich was sie kennen und lieben, im verzweifelten Versuch, Antworten auf grundlegende Fragen in Bezug auf ihre Identität und ihren Platz in der Welt zu finden. Sie kehren allem, was ihnen vertraut ist, den Rücken und suchen in Gemeinschaften anderswo Schutz, um authentischer leben zu können.

Für die LGBTQI*-Bewegung und die Bewegung für Geflüchtete und Asylsuchende wird es immer wichtiger, sich zusammenzuschließen und für Menschen wie Lille Lösungen zu entwickeln. Wir haben enorme Schritte in Bezug auf LGBTQI*-Rechte in Asien unternommen, doch wir sollten diejenigen unter uns nicht aus dem Blick verlieren, die kein Zuhause mehr haben.

Ryan Joseph Figueiredo ist Gründer und Geschäftsführer der Equal Asia Foundation (EAF) in Bangkok, die inklusive LGBTQI*-Projekte zur Überwindung tiefsitzender sozialer Ungleichheiten entwickelt. Die Arbeit der EAF dreht sich derzeit schwerpunktmäßig darum, die gesellschaftliche Isolation älterer Menschen zu verringern, Selbstmorde und Selbstverletzungen bei Jugendlichen zu verhindern und sich der prekären Lage von LGBTQI*-Migrant*innen und Geflüchteten anzunehmen, die vom Klimawandel, von Konflikten oder Katastrophen betroffen sind.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp