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Kreativer Tourismus

Brücken bauen zwischen Gästen und Einheimischen im Städtetourismus


In Bewertungen zu den Auswirkungen des Tourismus auf lokale Gemeinschaften wird die soziale Nachhaltigkeit oft vergessen oder beiseitegeschoben, während die wirtschaftlichen Vorteile hervorgehoben werden. Doch im Tourismus geht es um Begegnungen mit anderen Menschen, anderen Kulturen und einer anderen Umwelt. Um die soziale Nachhaltigkeit einer Destination zu sichern, sollten die Bedürfnisse der Menschen vor Ort von äußerster Wichtigkeit sein. Statt nur zu fragen, „wer“ verantwortlich ist, muss die Frage gestellt werden, “gegenüber wem” wir bei der Entwicklung des Tourismus verantwortlich sind.

Insbesondere Städte versuchen diese Frage zu beantworten, denn sie werden von Touristen besonders schnell „konsumiert“, oft ohne sinnhafte Verbindung zu den jeweiligen Orten und Menschen. Das führt zu einem Mangel an Verständnis und ist Ursache möglicher Konflikte. Daher ist es wichtig, dass Städte politische Handlungskonzepte und Lösungen entwickeln, die Gäste und Gastgeberzusammenbringen und nachhaltigere Formender Beteiligung schaffen.

Interaktionen zwischen Gästen und Gastgebern

Vieles kann Begegnungen zwischen Touristen und Einheimischen im Städtetourismus im Wege stehen und dazu führen, dass beide Gruppen sich unwohl fühlen. Bei ihrer Ankunft in einer neuen Stadt sind einige Touristen aufgrund von Vorurteilen über die Kultur ihres Gastlandes oder der jeweiligen Stadt etwas ängstlich. Das kann dazu führen, dass sie lieber eine von einem Reiseveranstalter angebotenen Pauschalreise buchen und sich so in einer geschützten „Blase“ aufhalten.

Das Risiko von Konflikten wächst mit steigender sozialer Ungleichheit zwischen Touristen und Einheimischen. Wenn Touristen in ärmere Länder reisen, gehen sie tendenziell davon aus, dass sie dadurch, dass sie sich die Reise leisten können, materiell besser gestellt sind als die Gemeinschaft, in der sie zu Gast sind. Gleichzeitig verfügen die Gastgeber über spezifisches Zielgebietswissen und sind oft versucht, es zu ihrem Vorteil zu nutzen und daraus Profit zu schlagen. In vielen Fällen sind die Gäste an der Gestaltung ihrer eigenen Erfahrungen nicht beteiligt. Touristen, die die Eigenheiten eines Ortes, seine Geschichte, Kultur und Traditionen nicht verstehen, sehen den Ort anders als die Einheimischen. La Rambla in Barcelona ist eine Straße von historischer Bedeutung für Spanien. Gleichzeitig ist es ein Boulevard für Touristen, wo es billige Souvenirs zu kaufen gibt. Das kann zu respektlosem oder schädlichem Verhalten führen. Insbesondere Städte haben unterschiedliche Merkmale für unterschiedliche Nutzer. Für Touristen sind sie Fluchtorte und Orte zur Freizeitgestaltung, wo sie es sich in Ruhe in einem Café gemütlich machen können, während Einheimische vorbeihasten und ihrem Alltag nachgehen, pendeln oder Einkäufe erledigen.

Die Kluft zwischen Gästen und Einheimischen überwinden

Statt sich zu bemühen, Klischees und Vorurteile zu überwinden, sollten die Gemeinsamkeiten in den Vordergrund gestellt werden, die durch aktive Teilnahme von Gästen und Gastgebern geschaffen werden können. Deshalb ist kreativer Tourismus eine Antwort, die jetzt nach und nach in Städten in verschiedenen Teilen der Welt umgesetzt wird. Sowohl Reisende als auch Bereiste sollten bei der Entwicklung von Tourismusangeboten eine zentrale Rolle spielen. Traditionelle Formen von Tourismuswerden durch Freizeitaktivitäten ersetzt, die mehr Abenteuer und Herausforderungen beinhalten, zur Persönlichkeitsentwicklung der Touristenbeitragen und ihnen unvergessliche Erfahrungen ermöglichen.

Kreativer Tourismus schafft ein besseres Verständnis lokaler Kultur, denn er legt eine Grundlage für gemeinsames Lernen von Gästen und Gastgebern, während sie miteinander etwas erleben. Kreativer Tourismus kann auch als die Bereitschaft der Touristen verstanden werden, wie Einheimische zu leben und Orte zu besuchen, die von Einheimischen empfohlen werden.

Während kreativer Tourismus im Norden recht weitentwickelt ist, gibt es im Globalen Süden noch nicht so viele Beispiele. Dennoch: immer mehr Städte treten auch dort dem UNESCO-Netzwerk „Creative Cities“ bei. Es vernetzt Städte, die Kreativität als strategischen Faktor für nachhaltige Stadtentwicklung identifiziert haben. Brazzaville, die Hauptstadt der Republik Kongo, wirbt für ihre traditionelle Musikszene, darunter das Feux de Brazza Fest. Buenos Aires gibt Touristen die Möglichkeit, eine Tango-Tour mit einheimischen Tänzern zu machen, und in Gwangju in Südkorea können Touristen am Media Arts Festival oder der Gwangju Biennale teilnehmen und in die kreative Atmosphäre einer florierenden Medienkunstszene eintauchen.

Die gemeinsame Gestaltung und die Aktivierung von lokalem Potenzial kann auch auf Initiative von Behörden vor Ort erfolgen, wie zum Beispiel in Johannesburg, wo der Newtown Cultural Precinct für kreative Aktivitäten entstand. In erster Linie ging es darum, die Gegend wiederzubeleben. Gleichzeitig sollte aber auch das Tourismuspotenzial gestärkt werden. Schließlich werden auch Handy-Apps, die Touristen die Möglichkeit gegen, Einheimische kennenzulernen (z. B. Showaround, Withlocals) in den Städten vieler Entwicklungsländerenorm beliebt. Sie geben ihren Nutzern einzigartige Möglichkeiten, sich kennenzulernen, kulturelle Unterschiede zu überwinden und ein gemeinsames Gefühl für einen Ort zu entwickeln, während sie voneinander lernen, indem sie gemeinsam etwas miteinander unternehmen.

Weiter Informationen:http://en.unesco.org/creative-cities/home, www.showaround.com, www.withlocals.com

Katarzyna Janusz ist Absolventin des Erasmus Mundus Programms zu Nachhaltiger Raumentwicklung. Sie promoviert derzeit im Bereich Geographie und Tourismus an der Katholischen Universität Löwen in Belgien. Ihr Forschungsinteresse gilt vor allem der nachhaltigen Entwicklung städtischer Destinationen.

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp

(5.524 Zeichen, September 2016, TW 84)