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Homestays, Seife und mehr

Drei Fragen an Radhamani Karkottil Prabhakaran, Homestay-Koordinatorin


Beteiligungsmoglichkeiten im Tourismus waren Thema eines „Basisgipfels“ („Grassroots Summit“) zum Tourismus im Dorf Motthakkara in Wayanad im sudindischen Bundesstaat Kerala Ende Januar 2017 (s. Anhang). Die Nichtregierungsorganisation Kabani – the other direction nutzte den Anlass, um Frauen, die vor Ort außergewöhnliche Führungsqualitäten bewiesen haben, besondere Anerkennung zukommen zu lassen. Radhamani K.P. (60) ist die erste Frau, die den neuen „Women at Kabani Excellence – Unique Personality” (WAKE UP) Preis überreicht bekam. Sie engagierte sich als eine der ersten Frauen im Dorf für den Tourismus. Heute koordiniert sie die Homestays und andere Programme. Sie führt Gaste durch das Dorf und macht sie mit den landwirtschaftlichen Aktivitaten der Region und den heimischen Heilpflanzen vertraut. Wir fragten Radhamani nach den verschiedenen Beteiligungsmöglichkeiten, die sie in ihrem Dorf wahrnimmt.

TW: Seit zwei Jahren gibt es das Tourismusprogramm in Mothakkara. Wie ist es entstanden und auf welche Weise sind Sie daran beteiligt?

Radhamani K.P.: Das Programm begann 2015 mit einem Treffen aller Dorfbewohner in Mothakkara. Am Anfang hatten die Leute hier viele Zweifel. Sie waren besorgt, dass der Tourismus ihre Privatsphäre und ihr Familienleben beeinträchtigen konnte. Wir lernten viel über die Risken des Tourismus. Aber wir erfuhren auch, wie er in Thrikkaippetta, einem anderen Dorf hier in Wayanad, organisiert ist. Dort gibt es seit vielen Jahren erfolgreichen Homestay-Tourismus. Dann folgten Trainingsprogramme. Wir sollten eine Karte des Dorfes erstellen, mit allem, was unser Dorf ausmacht. Da ich Mothakkara sehr gut kenne, fiel mir das leicht. Jeder hier sollte das ganze Dorf richtig gut kennen, unsere Geschichte, unseren Lebensstil, unsere Feste, die reiche Pflanzenwelt, die Landwirtschaft, unsere Umwelt und die natürlichen Ressourcen. Ich bin mit jeder Ecke dieses Dorfes und mit den Menschen hier vertraut. Ich habe schon früher an Trainingsprogrammen teilgenommen, um die in Kerala heimischen Heilpflanzen bestimmen zu können, und ich kenne ihre medizinische Verwendung. Ich lerne gerne etwas Neues. Nach den ersten Schulungen war ich in Thrikkaippetta, um mir anzuschauen, wie der Tourismus dort funktioniert. Das Konzept hat mich überzeugt. Anschließend habe ich in Mothakkara selbst die Homestays ausgewählt und den Familien erklärt, was für Vorteile das Programm für sie und uns alle hat. Ich habe ihnen von Mary in Thrikkaippetta erzählt. Durch die Gästebetreuung erzielt sie ein zusätzliches Einkommen neben der Landwirtschaft und sie hat mehr Selbstvertrauen gewonnen.

TW: Welche Chancen und Einkommensmöglichkeiten entstehen fur Sie und andere Frauen durch die Tourismusaktivitäten im Dorf?

Radhamani K.P.: Die Mentalität der Menschen hier im Dorf hat sich sehr verändert. Früher sind die Frauen im Haus verschwunden, wenn sie Fremde sahen. Heute kommen sie nach draußen, um sie zu begrüßen. Wir haben inzwischen sieben Homestays hier im Dorf, die alle von den Frauen gemanagt werden. Das Geld wird auf unsere eigenen Bankkonten überwiesen. Abgesehen von den Homestays haben wir auch noch andere Möglichkeiten. Ich stelle zum Beispiel pflanzliche Seife her. Vier Frauen arbeiten als Guides. Außerdem gibt es eine Frauengruppe,  die trommelt (was eigentlich Männern vorbehalten ist) und damit nun auch etwas Geld verdient. Wir mochten Heilkräuter anbauen und daraus pflanzliche Arzneimittel herstellen. Viele Gaste haben nach Kochkursen gefragt. Wir müssen ein Gefühl für die Interessen der Gaste entwickeln und sehen, was wir tun können. Außerdem sollten wir uns mit den jungen Leuten im Dorf austauschen und sie in diese Aktivitäten einbinden. Denn ihnen fallt es leichter, mit den Gasten zu kommunizieren und sie wissen, was in der Welt passiert. Einigen von ihnen habe ich bereits beigebracht, Heilpflanzen zu identifizieren. 

TW: Wie helfen Sie sicherzustellen, dass Mothakkara ein Ort bleibt, der sich auf nachhaltige Weise entwickelt? 

Radhamani K.P.: Wir haben fast 25 Häuser identifiziert, die sich für die Unterbringung von Gasten eignen wurden. Es gibt noch einige Probleme, zum Beispiel in Bezug auf Sauberkeit, die ich mit den Familien aber nicht persönlich ansprechen kann. Wir sollten gemeinsame Treffen mit allen Homestay- Anbietern organisieren und solche Dinge diskutieren. Wir haben ein Beratungskomitee für den Tourismus im Dorf, an dem Vertreterinnen und Vertreter der Lokalverwaltung, der Frauengruppen, der Jugendlichen, lokaler Organisationen sowie Experten beteiligt sind. Sie helfen mit dem Rotationsprinzip, das sicherstellt, dass alle Gaste fair auf die Familien verteilt werden. Sie beraten uns auch bei den Aktivitäten, die wir durch den Dorfentwicklungsfonds finanzieren können. Wir müssen ein ordentliches Abfallmanagement sicherstellen und unser Dorf sauber und grün halten. Auf dem “Grassroots Summit” haben wir eine Kampagne für ein sauberes Mothakkara ins Leben gerufen. Wir müssen mit den Schulkindern anfangen, und mit den Kudumbashree (Frauenselbsthilfegruppen), die hier aktiv sind. Wir könnten an den wichtigsten Straßenkreuzungen und Weggabelungen Sammelstellen für Müll einrichten. In der Regenzeit sollten wir neue Krauter anpflanzen und unser Dorf damit noch grüner machen. 

Rajeswary Sujesh lebt in Mothakkara und produziert und verkauft im Rahmen eines staatlichen Frauenförderprogramms für Unternehmerinnen hausgemachte Schokolade. Sie promoviert im Bereich Materialwissenschaften an der Universität Mysore. 

Übersetzung aus dem Englischen: Christina Kamp

(5.368 Zeichen, Marz 2017, TW 86)