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Frischer Wind für die "Bunkers"

Flug- und Schiffsverkehr als Instrument der Klimafinanzierung


Die jüngsten Beschlüsse der Bundesregierung zur Sanierung des Bundeshaushaltes beinhalten eine Abgabe auf Flugtickets ab 2011. Auch international weckt der Flugverkehr zunehmend Interesse, denn er ließe sich als "frische" Finanzquelle für den Klimaschutz und für Anpassungsmaßnahmen anzapfen. Der politische Wille zu tatsächlichen Verringerung der Emissionen aus dem Flug- und Schiffsverkehr ist jedoch nach wie vor gering.

Diese Emissionen (auch Bunker-Emissionen genannt) haben einen Anteil von ca. zehn Prozent an den globalen Emissionen. Flugzeuge sind pro Personenkilometer die klimaschädlichsten Verkehrsmittel. Sollte sich der Wachstumstrend fortsetzen, dann wird der Flugverkehr 2050 etwa 25 Prozent aller Treibhausgase verursachen. Laut einer Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entstehen aber auch durch die Seeschifffahrt pro Jahr ca. 2,7 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Zudem emittieren Schiffe zehn Prozent des globalen Schwefeldioxids und bis zu einem Viertel der Stickoxide.

Seit Jahren liegen die Emissionen aus dem Flug- und Schiffsverkehr auf dem Verhandlungstisch der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Jedoch gibt es bisher international kein bindendes Regelwerk für die Verringerung dieser Emissionen. Sie wurden im Kyoto-Protokoll keinerlei Reduktionszielen unterworfen. Die Internationale Zivile Luftfahrtorganisation (ICAO) und die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) wurden in Artikel 2.2 des Kyoto-Protokolls beauftragt, entsprechende Instrumente zu schaffen. Bislang ist hier allerdings nichts geschehen, was das ungebrochene Wachstum der Flugverkehrsemissionen stoppen könnte. Besonders die Staaten, die vom Tourismus oder vom Import und Export abhängig sind, konnten internationale Regelwerke bisher erfolgreich blockieren. Die EU hat einen Alleingang gewagt und wird ab 2012 zumindest die Flugverkehrsemissionen in den europäischen Emissionshandel einbeziehen. Doch die Maßnahmen sind nicht sehr ambitioniert. Zu Beginn werden 85 Prozent der Zertifikate kostenlos ausgeteilt. Auch die Emissionsobergrenze für den Flugverkehr liegt nur minimal unter dem bisherigen CO2-Ausstoß: Im Jahr 2012 beträgt sie 97 Prozent des Durchschnitts von 2004-2006 und im Jahr 2013 dann 95 Prozent.

Trotz der hohen Wachstumsraten bestand in den vergangenen Jahren offensichtlich wenig Interesse und politischer Wille, diese Emissionen zu regulieren und damit auch ernsthaft zu reduzieren. Doch seit geraumer Zeit sind die bisher lieblos verhandelten "Bunkers" wieder ins Blickfeld der Entscheidungsträger gerückt. Dabei geht es nicht um Regulierung. Die "Bunkers" haben das Interesse als "frische" Finanzquelle für den Klimaschutz und für Anpassungsmaßnahmen geweckt. Vor allem der Flugverkehr bietet vielfältige Möglichkeiten, Mittel zu generieren, z.B. durch die Einbindung in den Emissionshandel, die Besteuerung von Kerosin und die Einführung von Ticketabgaben. Ansätze davon werden national wie international diskutiert und teilweise auch umgesetzt. Dabei ist dieses Thema nicht neu. So hat z.B. Frankreich vor einigen Jahren eine Solidaritätsabgabe auf Flugtickets eingeführt. Die Mittel werden für die Bekämpfung von HIV/Aids in Entwicklungsländern eingesetzt (s. TW 47, Juni 2007).

Seit dem Weltklimagipfel in Kopenhagen 2009 scheinen die Emissionen aus dem Flug- und Schiffsverkehr eine höhere Aufmerksamkeit als Finanzquelle zu genießen. Große Hoffnung wird im Rahmen der Klimaverhandlungen auf die Empfehlung der "Hochrangigen Beratergruppe zur Frage der Finanzierung des Klimawandels" (AGF) gelegt. Die AGF wird ihren Empfehlungskatalog im Oktober 2010 vorlegen. Dem Transportsektor könnte hierbei als Instrument der Klimafinanzierung eine größere Bedeutung zugemessen werden. Die Empfehlungen der AGF könnten nicht nur das Anliegen unterstützen, die Einnahmen aus dem internationalen Flug- und Schiffsverkehr als zuverlässige Finanzquelle zu nutzen, sondern sie könnten auch die Verringerung der Emissionen dieser Sektoren voranbringen.

Die am wenigsten entwickelten Länder haben bereits bei den UN-Klimaverhandlungen in Posen 2008 einen Vorschlag eingebracht, international eine Flugticketabgabe einzuführen, um Anpassungsmaßnahmen in den ärmsten und vom Klimawandel am stärksten betroffenen Ländern zu finanzieren. Die so genannte IAPAL ("International Air Passenger Adaptation Levy") hätte zwar kaum eine ökologische Lenkungswirkung, da sie sehr gering ist, doch könnte sie jährlich bis zu zehn Milliarden US-Dollar zum UN-Anpassungsfonds beisteuern. Nichtregierungsorganisationen gehen davon aus, dass die Kosten für notwendige Anpassungsmaßnahmen der Entwicklungsländer an den Klimawandel sich auf ca. 160 Milliarden US-Dollar pro Jahr belaufen werden. Deshalb müssen zwingend neue Mittel generiert werden.

Das auf nationaler Ebene kürzlich verabschiedete Sparpaket der Bundesregierung, sieht die Einführung einer Ticket-Abgabe für alle in Deutschland startenden Flüge vor. Der Staat rechnet durch diese Ticket-Abgabe mit Einnahmen von rund einer Milliarde Euro im Jahr. Die Bundesregierung will diese Einnahmen hauptsächlich zur Konsolidierung des deutschen Haushalts verwenden. Deutsche Umwelt- und Entwicklungsorganisationen fordern demgegenüber seit langem den Abbau umweltschädlicher Subventionen. Im Sinne einer kohärenten und glaubwürdigen Politik, sollten Einnahmen aus einer Ticketabgabe gezielt zur Finanzierung des Klimaschutzes, für Anpassungsmaßnahmen und zur Armutsbekämpfung eingesetzt werden.

(5.609 Anschläge, 75 Zeilen, September 2010)