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„Faszination Afrika“

Zwischen Exotismus und Fair Trade


„Faszination Afrika“ und „Urlaub in den Alpen“ lauteten dieses Jahr die beiden Schwer­punktthemen des Reisepavillons in Hannover. „Ökotourismus darf nicht bloß Nische sein, sondern Tourismus muss im Allgemeinen nachhaltig gestaltet werden!“ Schirm­herr Klaus Töpfer fand ebenso wie Bischöfin Margot Käßmann mahnende Worte zur Eröffnung der „internationalen Messe für anderes Reisen“.

Die Bischöfin der Hannoverschen Landeskirche äußerte ihre Sympathie für das Reisen „mit allen Sinnen“, forderte dabei aber auch einen schärferen Blick für die Realitäten vor Ort: „Angemessene Preise und Einkommen“ sollten im Tourismus ihren Platz finden und Reisende sollten bei jeder Buchung danach fragen, ob der Anbieter auch die Ein­haltung ökologischer und sozialer Kriterien berücksichtigt.

Tatsächlich findet sich das Bekenntnis zum „ökologisch und sozial verträglichen“ Reisen in fast jedem der Reisekataloge und Angebotsflyer der ausstellenden Anbieter. Wie dieses Versprechen tatsächlich vor Ort eingelöst wird, wird allerdings nicht immer deutlich. Einige Kritikpunkte am Afrika-Bild, das in deutschen Reisekatalogen vermittelt wird, äußerte Jean-Claude Tsafack in einer der Begleitveranstaltungen. (S. a. „Das Afrika-Bild in deutschen Reisekatalogen“ in dieser Ausgabe). Diese Kritik trifft durchaus auch auf Anbieter „alternativer Reisen“ zu. Hinweise der Aussteller etwa, ob und wie die lokale Bevölkerung in die Tourismus-Projekte eingebunden ist, und ob sie an deren Entwicklung Teil hatte und hat, waren auch in Hannover Mangelware. Das diesjährige Motto „Faszination Afrika“ machte es einerseits zwar möglich, die Problematik vom Reisen im Umfeld von weit verbreiteter Armut besonders in den Fokus zu rücken – doch andererseits war das Motto selbst wiederum Ausdruck eines eher exotischen Afrika-Bildes.

In Zukunft könnte ein einheitliches Label „Fair Trade in Tourism“ dem Mangel an Trans­parenz über die Einhaltung sozialer Kriterien Einhalt gebieten. Die internationale Fair Labelling Organisation (FLO) hat dazu eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen, deren erste Ergebnisse auf einer gemeinsam mit „Tourism Watch“ organisierten Veranstaltung auf dem Reisepavillon vorgestellt wurden. Mitautorin Anne Tallontire vom „Natural Resource Institute“ der Universität Greenwich hob die Schwierigkeit hervor, Fairhandels-Kriterien für einen ganzen Komplex von Dienst­leistungen zu entwickeln und dabei neben sozialen auch kulturelle Aspekte zu berück­sichtigen. Adama Bah von „The Gambia Tourism Concern“ machte darauf aufmerksam, dass Zertifizierungen im Tourismus-Sektor bisher vor allem ökologisch statt sozial aus­gerichtet gewesen seien. Wenn es einem Fairtrade Label gelänge, diese Gewichtung umzudrehen, wäre das allerdings begrüßenswert.

Mehrere Veranstaltungen boten den Anbietern aus und nach Afrika Chancen, ihre Angebote zu reflektieren, sich auszutauschen und zu vernetzen. Die vorgestellten Projekte reichten von „Gästedörfern“ in Kamerun und Niger („Oase Reisen“) über gemeinsame Bildungsprojekte zwischen dem Nationalpark Bayrischer Wald und dem Pendjari Nationalpark in Benin („Internationales Wildniscamp“) bis hin zum künftig im Rahmen des „black empowerment“ von Einheimischen geführten 5-Sterne-Hotel „The Outpost“ in Südafrikas Krüger Nationalpark (Teil des GTZ-„Transform“-Projektes).

Der Schwerpunkt Afrika soll laut Anke Biedenkapp vom veranstaltenden Verein „Stattreisen Hannover“ bei künftigen Messen erhalten bleiben – wenn auch in über­geordnete Themen 'eingepackt'. Nächstes Jahr etwa wird „Wasser“ einer der beiden thematischen Schwerpunkte des Reisepavillons sein.

Weitere Informationen unter: www.reisepavillon-online.de

(3.673 Anschläge, 47 Zeilen, März 2007)