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Zwischen Voyeurismusvorwürfen und Solidarität

“Slumming It. The Tourist Valorization of Urban Poverty“


Soweto und Kibera, Rocinha und Dharavi sind heute vielen Menschen auch namentlich ein Begriff. Slums, definiert als „Gebiete relativer städtischer Armut“, sind Teil der touristischen Landkarten in Südafrika und Kenia, Brasilien und Indien. Wie es dazu kam und wie die touristische Inwertsetzung städtischer Armut zu gesellschaftlicher und politischer Gerechtigkeit für die Slumbewohner beitragen kann, untersucht Fabian Frenzel in seinem Buch „Slumming It“.

Zu den „Slummern“ zählt der Autor auch Wissenschaftler, Freiwillige und Aktivisten, die Slums besuchen. Die Anbieter im Slumtourismus arbeiten selten rein kommerziell. Zum Teil sind es Sozialunternehmen oder sie unterstützen entwicklungsbezogene Aktivitäten und Einrichtungen, oder ihre Guides kommen zumindest selbst aus den Slums. Viele Unternehmen wurden von Ausländern mit initiiert, oft in enger Kooperation mit Einheimischen.

Frenzel versteht jedoch die touristische Inwertsetzung keineswegs vorrangig ökonomisch. Er sieht Touristen als Mitgestalter von Orten, Attraktionen, Erlebnissen und Erfahrungen, nicht nur in den Slums dieser Welt. Doch dort erscheinen die Widersprüche besonders gravierend. „Reichen“ Besuchern der von Armut geprägten Stadtteile wird nicht selten Voyeurismus vorgeworfen. Laut Frenzel sind die Touristen dort allerdings gar nicht so sehr Konsumenten, sondern vor allem kreative „Produzenten“, die unabhängig von vorherrschenden lokalen Wertesystemen Slums zu wertvollen und sichtbaren Orten machen. Ungleichheit wird zu einem Anliegen und Slumtourismus ein Beispiel für die Macht des Tourismus, Diskurse zu gestalten, Wahrnehmungen zu verändern, gesellschaftliche Grenzen zu überwinden und politische Konflikte zu beeinflussen.

Slumming It. The Tourist Valorization of Urban Poverty. Von Fabian Frenzel, Zed Books, London. 2016. 232 Seiten, ISBN-13: 978-1783604432

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