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Ölpest im Regenwald

Leck in ecuadorianischer Schwerölpipeline


Fünf Jahre nach Fertigstellung der umstrittenen ecuadorianischen Schwerölpipeline "Oleoducto de Crudos Pesados" (OCP) kam es Ende Februar 2009 zu einer ersten Umweltkatastrophe. Durch ein Leck in der Pipeline liefen nach offiziellen Angaben mehr als 14.000 Barrel (ca. 2,2 Millionen Liter) Schweröl aus und verseuchten den Río Santa Rosa, etwa 100 km östlich der Hauptstadt Quito. Der Fluss fließt in östlicher Richtung durch die Provinz Napo ins Amazonasgebiet. Weitere Flüsse wie der Río Quijos und der Alta Coca wurden in Mitleidenschaft gezogen. Die vom Betreiber errichteten Plastiksperren konnten nur einen kleinen Teil des auslaufenden Öls aufhalten. Die Reinigungsarbeiten könnten bis zu einem Jahr andauern.

Nach einem Bericht des ecuadorianischen Umweltministeriums ist das ökologische Reservat Cayambe-Coca stark betroffen. Es ist ein Schutzgebiet mit besonders hoher Artenvielfalt. Mehr als 1.300 Tierarten kommen hier vor, darunter Kondor, Gürteltier und Brillenbär. Das Öl bedroht auch weitere Schutzgebiete in der Amazonasregion, wie den Nationalpark Sumaco-Napo-Galeras und die San Rafael Wasserfälle, die höchsten Wasserfälle Ecuadors.

Gegenüber der Zeitung "El Comercio" nannte Julio Pérez, Bürgermeister von El Chaco (dem Kanton, in dem Santa Rosa liegt), das ausgelaufene Öl zwischen dem Cayambe-Coca Reservat und dem Cuyabeno Nationalpark eine "ökologische Katastrophe". Das gesamte mit dem Fluss zusammenhängende Leben sei betroffen, sagte er, der ökologische Schaden unermesslich. Nicht nur die Tier- und Pflanzenwelt habe Schäden davongetragen. Besonders betroffen seien auch die Bauern, Viehzüchter und Tourismusanbieter, die in der Region Wassersportangebote organisierten. Der Río Santa Rosa fließt in den Río Quijos, einen beliebten Fluss für Wildwasser-Rafting und Kajak-Touren.

Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung

Die ecuadorianische Föderation der Indigenen-Organisationen (CONAIE) berichtet, durch die Ölkatastrophe sei die Gesundheit von über 40 indigenen Gemeinschaften bedroht. Insbesondere Frauen und Kinder litten unter Gesundheitsproblemen und mehrere Menschen seien mit Vergiftungssymptomen ins Krankenhaus von Coca einge­liefert worden. Die Sanierungsarbeiten seien unzureichend, um die für Menschen, Tiere und Bewässerungszwecke lebensnotwendige Trinkwasserqualität zu sichern, beklagen die Indigenen-Vertreter. Sie forderten die Regierung auf, dringend Hilfe zu leisten, um die ökologischen, sozialen und Gesundheitsauswirkungen in Grenzen zu halten. Die Gemeinschaften in der Gegend seien in einer "verzweifelten Situation". Die Regierung solle daher in den betroffenen Gemeinschaften den Ausnahmezustand verhängen. Umweltgruppen fordern zudem eine umfassende, unabhängige Prüfung der Umweltauswirkungen sowie die Entschädigung der betroffenen Gemeinschaften.

Umstrittener Bau

Nach nur zwei Jahren Bauzeit ist die OCP seit November 2003 in Betrieb. Sie ist die zweitgrößte Pipeline in Ecuador, nach der staatseigenen transecuadorianischen Pipeline SOTE (Sistema de Oleoducto Transecuatoriano). Von Anfang an war sie heftig umstritten (vgl. TW 21 und TW 23), denn die gut 500 Kilometer lange Trasse führt vom Amazonasgebiet quer durch indigene Territorien und Regenwälder über die Anden und durch das internationale Vogelschutzgebiet Mindo Nambillo westlich der Hauptstadt Quito bis zum Verladehafen Balao am Pazifik. Auf der gesamten Länge führt die Pipeline durch von Erdbeben und Bergstürzen bedrohte Gebiete, über tektonische Bruchlinien sowie direkt an mehreren aktiven Vulkanen vorbei. Gegen den Bau der Pipeline und gegen die Mitfinanzierung durch die Westdeutsche Landesbank (WestLB) gab es massive Proteste.

Alternativen zur Erdölförderung

Etwa 25 bis 30 Prozent seiner Staatseinnahmen erzielt Ecuador aus der Erdölförderung. Große, bislang unerschlossene Erdölreserven liegen im Yasuní-Nationalpark und im angrenzenden Ispingo-Tiputini-Tambococha (ITT)-Gebiet. Dieses Gebiet ist Teil einer so genannten "unberührbaren Zone" (Zona Intangible), die 1999 von der ecuadorianischen Regierung zum Schutz der dort in freiwilliger Isolation lebenden indigenen Gruppen, der Tagaeri und Taromenane, geschaffen wurde. Um den Regenwald und die Menschen des Amazonas zu schützen, hat die ecuadorianische Regierung 2007 mit dem Vorschlag für Aufsehen gesorgt, dass Schweröl in Yasuní-ITT für immer im Boden zu lassen. Die Weltgemeinschaft solle dem hoch verschuldeten Land jedoch zum Ausgleich die Hälfte der entgangenen Erdöleinnahmen erstatten. Es wird geschätzt, dass hierfür eine Summe von 1,3 Mrd. bis 11 Mrd. US-Dollar notwendig wäre.

Bleibt das Erdöl im Boden, könnte der Ausstoß von ungefähr 400 Millionen Tonnen CO2 vermieden werden. Die Huaorani blieben von den Folgen des Holzeinschlags verschont, den die Erdölförderung mit sich bringen würde. Ihre Kultur, die auf Jagen, Sammeln und Wanderfeldbau basiert, könnte erhalten bleiben - und auch die enorme Artenvielfalt der Region, die sonst unwiederbringlich verloren ginge. Noch ist jedoch nicht sichergestellt, dass die Mittel aus einer solchen "Ausgleichszahlung" direkt den lokalen Gemeinschaften und dem Umweltschutz zufließen würden.

Weitere Informationen:

Heffa Schücking, Urgewald, Tel. 01 60 96 76 14 36, heffa@urgewald.de

Klaus Schenck, Rettet den Regenwald, Tel. 0 30 51 73 68 79, berlin@regenwald.org

Auf der Suche nach dem verlorenen Paradies. Bleibt das Erdöl im Boden des ekuadorianischen Nationalparks Yasuní? Von Alberto Acosta, Evangelischer Entwicklungsdienst (EED), Bonn, Mai 2009. Download: www.eed.de/dyn/file.doc.1652.pdf

(5.245 Anschläge, 72 Zeilen, Juni 2009)