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Kulturtourismus in Botswana

Beteiligung von Gemeinschaften am Tourismus im Okavango-Delta


Der Tourismus in Botswana ist abhängig von der natürlichen Tier- und Pflanzenwelt, insbesondere im Okavango-Delta und der Chobe-Region im Nordwesten des Landes. Deshalb verstehen Reiseveranstalter und Regierungen unter Umwelt streng genom­men nur die Tier- und Pflanzenwelt. Die über Generationen weitergegebenen Wech­selwirkungen zwischen Mensch und Umwelt und die an die Naturlandschaften gebun­denen kulturellen Werte der Einheimischen bleiben außer Acht.

Dieser verengte Ansatz bringt Konsummuster hervor, die zur Entfremdung der ansässigen Bevölkerung führen und ihrer sinnvollen Beteiligung am Tourismus im Okavango-Delta Grenzen setzen. Kulturtourismus dagegen kann für die Menschen vor Ort Chancen eröffnen, denn es ist ein Produkt, mit dem sich lokale Gemeinschaften in fast jeder Hinsicht identifizieren.

Kulturtourismus und Schutzgebiete

Aufgrund des Schutzgebietemodells hat die lokale Bevölkerung nur beschränkte Mög­lichkeiten, durch Kulturtourismus in den Nationalparks auch ihre Kulturlandschaften ein­zubringen. Grund und Boden für die Tourismuswirtschaft wird in Botswana zudem auf der Grundlage 'kontrollierter Jagdgebiete' (Controlled Hunting Areas - CHA) zugeteilt, von denen mehrere im Besitz lokaler Gemeinschaften sind. Doch die meisten Gemeindemitglieder haben nicht genug Investitionskapital und es fehlt ihnen an Geschäftssinn und professionellen Fähigkeiten, um vom gehobenen Marktsegment im Tourismus zu profitieren. Deshalb ist es üblich, Land, das einst in Gemeinschaftsbesitz war, an kommerzielle Veranstalter zu verpachten.

Pachtverträge über 15 Jahre überantworten vorübergehend die Besitzrechte und die Kontrolle an den kommerziellen Veranstalter als Konzessionsinhaber. Die Gemeindemitglieder verzichten für diesen Zeitraum auf die direkte Kontrolle ihrer Kulturlandschaften und auf ihre Besitzrechte. Durch Kulturtourismus ließen sich die Auswirkungen der vollständigen Überantwortung des Flächenmanagements an einen kommerziellen Veranstalter begrenzen. Die Verbindungen zwischen den Gemeinschaften und ihren Kulturlandschaften könnten während der Pachtzeiträume aufrechterhalten werden. Auf diese Weise bekämen die Einheimischen Chancen zur direkteren Interaktion mit internationalen Touristen und würden praktische Erfahrungen mit den Anforderungen des Tourismusgeschäfts gewinnen. Da kulturelle Authentizität zudem im Wesentlichen von der lokalen Bevölkerung selbst abhängt, fördert Kulturtourismus die Beteiligung der Einheimischen fast automatisch.

Der Sankuyo Tshwaragano Management Trust

Der Sankuyo Tshwaragano Management Trust (STMT) ist eine der wenigen erfolg­reichen gemeindebasierten Treuhandgesellschaften im Okavango-Delta. Er bietet ein Beispiel für eine Gemeinschaft, die bereit ist, sich auf ein Kulturtourismusprojekt einzulassen. Allerdings hat STMT bei der Durchführung des Projektes mit Problemen zu kämpfen, wie fehlender Expertise, Wettbewerb und fehlenden Marketingkenntnis­sen, um Touristen anzuziehen.

Die Gesellschaft nutzt die Tierwelt und die natürlichen Ressourcen in den bewirtschafteten Wildschutzgebieten und im nahe gelegen Nationalpark Moremi. Die Erträge kommen den Dorfbewohnern von Sankuyo zugute, die 'Eigentümer' des Konzessionsgebietes NG34 sind. Nun beginnt STMT, ein Kulturdorf namens Shandereka aufzubauen – 'um unser Leben und unsere Aktivitäten darzustellen, im Gegensatz zu einem Museum, wo man nur 'tote' Objekte zeigt', erklärt Betriebsleiter S. Mareja. 'Wir möchten ein Kulturdorf abseits des Dorfes errichten, so dass wir das Geschäft vom Leben der Menschen trennen können”, sagt STMT-Mitglied Owen Tshupelo. 'Ziel ist es, unser Tourismusprodukt zu diversifizieren”.

'Wir möchten uns dem Kulturtourismus widmen, als Instrument zur Wiederbelebung der Vergangenheit und zum Erhalt unseres Erbes”, erläutert Mareja. Im Allgemeinen definiert das Management von STMT kulturelles Erbe anhand von kulturellen Praktiken, die früher gepflegt wurden und seitdem vollständig zurückgegangen sind oder die durch moderne Lebensweisen stark modifiziert wurden. Laut Mosa Ndozi, der Sekretärin der Gesellschaft, wird das Kulturdorf die Kultur anhand von Tänzen, Essen, Korbflechterei, Aspekten der Jagd, Initiationsritualen, etc. darstellen. 'Das archäologische Erbe wird nicht als Teil dieses Angebots in Erwägung gezogen”, sagt Galeyo Kobamelo, Manager des Kulturdorf-Projekts. Der Kulturtourismus kann dazu beitragen, zwischen der Bevölkerung und der Umwelt des Okavango-Deltas wieder eine Beziehung herzustellen. Dadurch könnten auch Nutzungskonflikte um Ressourcen zwischen Veranstaltern und der Bevölkerung in entschärft werden.

Es ist jedoch auch wichtig, proaktiv einen nachhaltigen Ansatz zu berücksichtigen. 'Wir werden keine Aspekte ausschließen, denn wir erwarten momentan keinerlei Nachteile”, sagt Mosa Ndozi. Das kann problematisch sein, insbesondere, da das Kulturerbe bis in das Alltagsleben der Menschen hineinreichen kann. Deshalb sind Trainingsmaß­nahmen erforderlich, um eine nachhaltige Entwicklung des Kulturtourismus sicherzu­stellen und ein Kulturangebot zusammenzustellen, das zur derzeitigen Tourismus­strategie Botswanas passt. Durch qualitativ hochwertige Museen lässt sich zum Beispiel die Geschichte der Menschen im Okavango-Delta und die Interaktion zwischen Mensch und Umwelt darstellen.

Wenn Touristen Gebiete mit reicher Tierwelt buchen oder besuchen, kommt ihnen auch eine Verantwortung zu. Als Konsumenten von Natur- und Kulturerbe sollten sie kulturelle Angebote nachfragen, um die Gemeinschaften zu unterstützen, die im Umfeld der Schutzgebiete leben. Nur so kann auch die Bevölkerung von der touristischen Inwertsetzung ihrer Kulturlandschaft profitieren.

Weitere Informationen: www.santawanilodge.com

Dr. Susan Keitumetse ist Forschungsstipendiatin am Okavango Research Centre der Universität von Botswana in Maun. Sie betreibt angewandte Forschung im Bereich Kulturerbe und Tourismus in der Okavango-Delta-Region.

( 5.815 Anschläge,79 Zeilen, Juni 2008)