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Bergsteiger sind keine Touristen?


"Wir sind keine Touristen. Wir haben ein großes Ziel!". So hieß es in einem Bergsteigerfilm des Mitteldeutschen Rundfunks (mdr) am ersten Tag des neuen Jahrtausends. Die Begründung: "Wir wollen in die Todeszone".

Bevor die sächsischen Bergsteiger allerdings zum "Sturm auf den Gipfel" des Achttausenders Cho Oyu ansetzten, flogen sie nach Nepal, besichtigten die Altstadt von Kathmandu, kauften Souvenirs, fotografierten, filmten und wanderten tagelang auf einer populären Trekkingroute durchs Gebirge, wenngleich andere Bergtouristen sorgfältig ausgeblendet wurden.

Was wollte uns der Beitrag "Aufstieg in die Todeszone - Leipziger Bergsteiger im Himalaya" von Lutz Protze, der zur Hälfte ganz "gewöhnliche" touristische und zur anderen bergsteigerische Aktivitäten zeigte, sagen? Sterben Touristen aus? Gibt es im neuen Millenium - analog zur Kleidung - nur noch "Markenbesucher" wie Todeszonler, Gipfelstürmer, Altstadtbesucher, Denkmalbesichtiger, Hotelbewohner oder Hikers, Climbers, Beachlovers, Sunsnäppers und dergleichen?

Dann sollte man unbedingt die Welttourismus-Organisation (WTO) in Madrid verständigen. Von ihr stammt die global angewandte Definition: "Ein ‘Tourist’ ist jede Person, die außerhalb ihres Wohnbereichs unterwegs ist, die in ein anderes Land reist, dort mindestens einmal übernachtet, sich aber nicht länger als ein Jahr dort aufhält, und deren Hauptbesuchsgrund keine Aktivität ist, die in dem besuchten Land bezahlt wird". ‘Touristen’ sind Leute, die aus folgendem Anlaß reisen: "Freizeit, Erholung, Urlaub, Besuche von Freunden und Verwandten, dienstlich und geschäftlich, zur medizinischen Behandlung, zu Pilgerfahrten, zu religiösen und anderen Zwecken".

(1.498 Zeichen / 24 Zeilen, März 2000)